Apollonia Conrad Vergangenheit
um 1800
Ich sah die Zeit, von Morgenroth umzogen,
In frischer Blumen Schmuck vorüberschweben.
Der Hoffnung Freuden kam sie mir zu geben,
Sanft lächelnd mit der Iris Strahlenbogen.
Der Liebe Zeit, sie ist dahin, verflogen.
Verhauchet hat ihr Lenz das Blumenleben.
Ihr Lebewohl hört’ ich mit stillem Beben.
Sturm nahte meines Lebens bangen Wogen.
Wie hab’ ich anders da die Zeit geschaut!
Sie bot nur Schmerz. Tief seufzt’ ich auf in Klagen.
Mein Leid zu groß, wie möcht’ ich es ertragen?
Doch war mir selbst die Tröstung anvertraut:
Ein reines Herz verzaget nie in Trauer.
Erinn’rung schenkt entfloh’nen Dauer!
um 1800
Gewandter Geist in jede Form sich schmieget;
Ob er zur Lyra oder Harfe singet,
Durch jedes Maß sein Hauch ergötzlich dringet.
Sieh’ wie er sich sonettenartig wieget;
Bald als ein Held im Epos kühnlich sieget,
In Hymnen rauscht, ätherisch hehr beschwinget,
Als Flötenton im Schäferlied erklinget!
Denn er ist Proteus, dem die Form sich füget.
Sein Athem weht belebend aller Orten,
Und dort im Süden wie im kalten Norden
Liebt er symmetrischbunte Blumenketten.
Um zaubervoll sein Liebchen zu begrüßen,
Reimt er gewählt und weiht der Holden, Süßen
Sich gern in rosenduftenden Sonetten!